Beengte Verhältnisse für Fuß- und Radverkehr an der Nagolder Straße
(23.01.2023) Beidseitig der Nagolder Straße verlaufen schmale kombinierte Fuß-Radwege. Für die Weststadt sind sie die schnellsten Fuß- und Radverbindungen in das Stadtzentrum. Die Bahnbrücke bildet einen Engpass.
Eine einspurige Verkehrsführung ab Reinhold-Schick-Platz für den motorisierten Verkehr wäre denkbar, zumindest stadtauswärts. Hinter der Bahnbrücke, nach der Aischbachstraße, kann wieder auf zwei ode drei Spuren aufgeweitet werden. Damit wäre Platz gewonnen für getrennte Fuß- und Radwege, die über die Aischbachstraße nach Westen weiterführen.
Schon 1992 brachte die BUND-Jugend diesen Vorschlag in den Gemeinderat. Und im Leitbild 2020 (2011 fertiggestellt) liest man auf Seite 39:
Projekt P 16: Überprüfung einer Veränderung der Aufteilung des Straßenraums im Hauptverkehrsnetz zugunsten des Fuß- und Radverkehrs (u.a. Wegfall einer Fahrspur stadtauswärts in der Nagolder Straße)
Im Zuge der Entwicklung des Leitbildes 2030 griff die grüne Ratsfraktion das Projekt P 16 wieder auf. Die Verwaltung lehnte ab. Lesen Sie hier die Begründung der Verwaltung (Quelle: Ratsinformationssystem der Stadt Herrenberg):
Anlage 1 zu DS Nr. 2022-018A: Übersicht über Anträge, redaktionelle Änderungen und Stellungnahmen der Verwaltung
Antrag der Grünen Ratsfraktion:
Die Nagolder Straße wird zur halben Breite nur noch für den Umweltverbund freigegeben. Der private Autoverkehr (MIV) wird von 4 Spuren auf 2 Spuren reduziert.
Stellungnahme der Verwaltung:
Abgelehnt.
Der Gemeinderat der Stadt Herrenberg hat im Rahmen der integrierten Mobilitätsentwicklungsplanung (IMEP) am 20.11.2018 ein Verkehrslenkungskonzept beschlossen, das die Seestraße (B 14) vom Durchgangsverkehr entlasten soll. Danach soll der Haupt- Verkehrsstrom in und aus Richtung Nufringen/Böblingen - und damit auch die Autobahnbedarfsumleitung vom Reinhold-Schick-Platz – in beiden Fahrtrichtungen nicht mehr über die B 14 Seestraße, sondern über die B 296 (Nagolder Straße – Mühlstraße) und die K 1047 (Zeppelinstraße – Daimlerstraße) von der bzw. zur B 14 geführt werden. Ziel dieser Maßnahme ist es, die trennende Wirkung der B 14 zwischen der Altstadt und der gegenüberliegenden Seite zu verringern. Insbesondere soll der neue Bereich „Seeländer“ mit der Altstadt besser verknüpft werden. Im Zusammenhang mit den Modellstadtmaßnahmen für saubere Luft hat der Gemeinderat dieses städtebauliche Lenkungskonzept am 23.07.2019 erneut bestätigt.
Die Verwaltung beantragte in der Folge die dauerhafte Verlegung der Autobahnbedarfsumleitungen U 45 und U 36 in Herrenberg auf den genannten Streckenzug. Diese Verlegung wurde nach § 45 Abs. 1 b) Nr. 5 StVO damit begründet, dass diese Maßnahme zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Sinne des genannten Lenkungskonzepts erforderlich ist. Dieser Streckenzug wurde bereits im Zusammenhang mit der baustellenbedingten Umleitung (Vollsperrung Seestraße) ertüchtigt. Die Leistungsfähigkeit wurde durch das Ingenieurbüro Bernard geprüft und attestiert und hat sich auch bereits im Regelbetrieb bestätigt.
Diesem Antrag hat das Regierungspräsidium stattgegeben. Voraussetzung dafür ist, dass die verkehrliche Leistungsfähigkeit zur Aufnahme der zusätzlichen Verkehrsmengen im Fall der Sperrung der A 81 bzw. der Ausleitung des BAB- Verkehrs auf dem Abschnitt der A 81 zwischen den Anschlussstellen Herrenberg und Gärtringen in beiden Fahrtrichtungen gewährleistet ist. Das kann jedoch nur mit den vorhandenen Querschnitten und der derzeit bestehenden Spuraufteilung (für den Fahrzeugverkehr) sowie der für diesen Zweck optimierten und vernetzten Ampelsteuerung gewährleistet werden. Die noch ausstehende Änderung der (festen) Wegweisungsbeschilderung), die ebenfalls Voraussetzung für die Genehmigung durch das RP war, ist bereits verkehrsrechtlich angeordnet und wird im kommenden Frühjahr durch das Straßenbauamt des LRA Böblingen ungesetzt.
Die genannten Beschlüsse und Genehmigungen waren die Grundlagen für die technische Umrüstung und Vernetzung der Ampelanlagen entlang des Streckenzugs B 296 – K 1047 im Rahmen der Modellstadtmaßnahmen.
Diese Maßnahmen wiederum waren die wesentliche Voraussetzung für die Umgestaltung der Seestraße (B 14) nach der vom Gemeinderat beschlossenen Planung. Ohne die Verlegung der BAB- Bedarsfsumleitung und der Hauptverkehrsrichtung von/nach Nufringen/Böblingen wäre der Umbau der B 14 in der erfolgten Weise vom RP überhaupt nicht genehmigt worden. Sollte dem vorliegenden Antrag stattgegeben werden, würde dies den seitherigen Beschlüssen zum Verkehrslenkungskonzept Innenstadt diametral widersprechen. Denn unter diesen Maßgaben wäre die erforderliche Leistungsfähigkeit der Nagolder Straße (B 296) nicht einmal mehr ansatzweise gegeben. In diesem Fall wäre die Genehmigung für die Änderung der Autobahn- Bedarfsumleitung und der wegweisenden Beschilderung hinfällig.
Die weiteren Folgen wären ebenso fatal: so müsste zunächst die Bedarfsumleitung wieder auf die seitherige Achse (über die Seestraße/B 14) zurückgeführt werden. In der Folge wäre die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Seestraße (30 km/h als Regelgeschwindigkeit) nicht mehr zulässig. Die Umgestaltung der Seestraße in der vorliegenden Form (mit Mittelinsel und Possehlbelag) müsste hinterfragt werden. Vor allem aber müssten die Fördergelder für die Modellstadtmaßnahmen im Rahmen der Umsetzung des vom GR beschlossenen Verkehrslenkungskonzepts zurückgezahlt werden, da diese unter den neuen Gegebenheiten nicht (mehr) erforderlich wären.
Bemerkung dazu: Der Bypass der Seestraße (Nagolder Straße, Mühlstraße, Zeppelinstraße, Daimlerstraße) wird von der Bürgerschaft nicht angenommen, weil er über mehrere Ampelkreuzungen führt und einen viermal längeren Umweg bedeutet. Besonders nachts wird bei Sperrung des Schönbuch-Tunnels beobachtet, dass der KFZ-Verkehr der A81-Bedarfsumleitung gnadenlos durch die Seestraße fährt.